Stellungnahme zum Entscheid des Kantonsrates

Der Schwyzer Kantonsrat sagt Nein zur Finanzierung oder Trägerschaft eines Jugend- und eines Kinderparlaments im Kanton Schwyz. Die IG Schwyzer Kinderparlament ist überzeugt: Damit dürften die beiden Parlamente auf Jahre hinaus nicht mehr existieren – trotz anderweitiger Beteuerungen im Kantonsrat.

Der Schwyzer Kantonsrat hat in seiner Session vom 25. Mai 2022 eine Finanzierung oder Trägerschaft des Schwyzer Kinderparlaments und des Jugendparlaments des Kantons Schwyz abgelehnt. Eine solche hatten die Kantonsräte Jonathan Prelicz (SP) und Dominik Blunschy (Die Mitte) in ihrem Postulat P 11/21 gefordert. Der Entscheid, das Postulat gar nicht erst erheblich zu erklären, fiel denkbar knapp und erst durch den Stichentscheid des Kantonsratspräsidenten Thomas Hänggi (SVP), welcher damit der Kantonsratsfraktion seiner Partei folgte.

Nur Mitte und SP zeigten in der Vergangenheit Interesse

Während Die Mitte, GLP und SP geschlossen für eine Erheblickerklärung des Postulats stimmten, votierten FDP und SVP ebenso geeint dagegen. Letztere ist grundsätzlich der Meinung, dass ein Kinder- und Jugendparlament von Privaten zu finanzieren und politische Bildung Sache der Eltern sei. Derweil berief sich die FDP auf die Position der Regierung, die Durchführung und Trägerschaft eines Kinder- und Jugendparlaments als Aufgabe der politischen Parteien oder einer überparteilichen Interessengemeinschaft betrachtet.

FDP-Fraktionspräsident Sepp Marty erklärte in der Debatte, dass die Parteien in der Verantwortung seien, auf die IG Schwyzer Kinderparlament zugehen und eine Weiterführung sicherstellen müssen. Postulant Dominik Blunschy antwortete darauf: «Wenn die FDP wirklich wollte, hätte sie sich längst darum bemüht.» Tatsächlich zeigten in den letzten Jahren einzig kantonale Vertreter von Die Mitte und der SP mit ihren Besuchen in den Sessionen des Kinderparlaments Interesse an der Sache. Sie waren es denn auch, die nach der Einstellung des Betriebes des Kinderparlaments im letzten Jahr auf uns zukamen und aus deren Fraktionen der nun abgelehnte Vorstoss kam.

Finanzierung durch Lotteriefonds nicht nachhaltig

Michael Stähli, Regierungsrat und Vorsteher des Bildungsdepartements, vertrat die Antwort des Regierungsrates im Kantonsrat. Er hielt darin fest, dass «es sich beim Kinder- und Jugendparlament des Kantons Schwyz durchaus um eine Erfolgsgeschichte handle, deren Ende zu bedauern wäre». Man müsse nun Hand bieten für eine Reaktivierung, sagte er, und sicherte eine Finanzierung aus dem Lotteriefonds «im bisherigen Umfang von 5000 bis 10’000 Franken» zu. Voraussetzung für ein Sprechen der Gelder sei jedoch, dass eine neue Trägerschaft politisch ausgewogen sei.

Der IG Schwyzer Kinderparlament wurde nach einem einmaligen Beitrag von 6000 Franken aus dem Lotteriefonds im Jahr 2019 zuletzt ein jährlicher Beitrag von rund 1500 Franken in Aussicht gestellt. Das reichte bei Weitem nicht, zudem hätte dafür jährlich ein Gesuch gestellt werden müssen. Eine längerfristige Finanzierung ist dadurch nicht sichergestellt, eine kostendeckende nicht mal ansatzweise. Diese Aussichten bewogen die IG im letzten Jahr dazu, den Betrieb des Kinderparlaments einzustellen. Dass nun im Kantonsrat von einem jährlichen Beitrag von bis zu 10’000 Franken die Rede war, erstaunt.

Kinderparlament ist kein Spielball der Politik

Der andere Punkt ist: Eine politisch ausgewogene Trägerschaft wird es aus unserer Sicht nie geben, wenn diese aus Exponenten der Parteien besteht. Das zeigt die Geschichte des 2007 gegründeten Kinderparlaments, das bis 2013 unter dem Patronat der Regierung stand und vom Kanton finanziert wurde. Anfänglich engagierten sich alle Schwyzer Kantonsratsparteien – doch nicht für lange. Die SVP zog sich zurück und witterte hinter dem Kinderparlament alsbald eine Beeinflussung der Kinder mit linkem Gedankengut. Mit Schützenhilfe der FDP gelang es ihr 2011 und 2013, die Finanzierung des Kinderparlaments mit zuletzt jährlich 5000 Franken zu streichen.

Doch nicht genug: Dass sich im Folgejahr die politisch unabhängige IG Schwyzer Kinderparlament gründete, den Betrieb übernahm und somit das Kinderparlament weiterexistierte, war einzelnen Exponenten der SVP und der FDP ein Dorn im Auge. Mit mehreren Vorstössen und teils irrwitziger Argumentation wurde versucht, das Kinderparlament endgültig zu bodigen. So fabulierte der damalige SVP-Kantonsrat Peter Häusermann in seinem Postulat P 4/14, dass das Kinderparlament «eine politisch nicht zu verantwortende Indoktrinierung» durch die SP zum Ziel habe. Dass sich seither an der Position der SVP etwas geändert hätte, davon war am Mittwoch im Kantonsrat nichts zu spüren.

Wohl kaum mehr als Lippenbekenntnisse

Wir von der IG Schwyzer Kinderparlament sind überzeugt, dass sowohl das Kinderparlament als auch das Jugendparlament im Kanton Schwyz längerfristig nur bestehen können, wenn sie unabhängig jeglicher Parteien und deren politischen Interessen geführt und finanziell nachhaltig vom Kanton getragen werden. Idealerweise werden die Parlamente von einer kantonalen Fachstelle auch fachlich begleitet und betreut. Dieses Modell hat sich in den meisten anderen Kantonen und Städten der Schweiz, in denen es Parlamente für Kinder und Jugendliche gibt, längst bewährt.

Der Entscheid des Kantonsrates zeigt letztlich einmal mehr, dass die Schwyzer Politik mehrheitlich nicht daran interessiert ist, dass sich Kinder und Jugendliche einbringen können und sollen. Damit wird auf Jahre hinaus eine Chance vertan, der jungen Generation in unserem Kanton eine angemessene Plattform und Stimme zu bieten. Denn dass die Aussagen der FDP und der Regierung in der Debatte am Mittwoch im Kantonsrat mehr sind als blosse Lippenbekenntnisse, bezweifeln wir. Natürlich wünschen wir uns, mit dieser Aussage falsch zu liegen. Denn wir sind nach wie vor überzeugt: Der Kanton Schwyz braucht ein Kinderparlament und ein Jugendparlament.

IG zur Übergabe bereit

Bereits beim Entscheid zur Einstellung des Betriebes des Schwyzer Kinderparlaments im letzten Jahr haben wir vom ehemaligen Vorstand festgelegt, dass die Website des Kinderparlaments noch bis Ende 2025 online bleiben soll. Wir sind bereit, einer möglichen Nachfolgeorganisation Domain, Logins und alle Unterlagen zur Weiterführung zu übertragen. Ebenso soll das gesamte Erscheinungsbild inklusive noch vorhandener Wer-bematerialien wie der Fahne, T-Shirts, Stickerkarten und Briefschaften weitergenutzt werden können. Voraussetzung dafür ist für uns allerdings, dass eine allfällige Nachfolgeorganisation eine langfristige Weiterführung des Parlamentsbetriebes zusichern kann.

Downloads

Postulat P 11/21 – Schwyzer Kinder- und Jugendparlament durch den Kanton unterstützen und fachlich begleiten (inkl. Antwort Regierungsrat)

Medienspiegel

«Eine Chance für Jahre hinaus vertan» – Bericht im Bote der Urschweiz vom 28. Mai 2022

Kantonsratspräsident bodigt per Stichentscheid das Jugendparlament – Bericht im Bote der Urschweiz vom 27. Mai 2022

Veröffentlicht von

Andreas Oppliger

ist im Vorstand der IG Schwyzer Kinderparlament für die Kommunikation und die Website zuständig.